Tabak-Werbeverbot in Deutschland beschlossen

Werbefigur „HB-Männchen“
Werbefigur „HB-Männchen“

Der Deutsche Bundestag hat das Tabak-Werbeverbot der EU-Kommission in nationales Recht umgesetzt. Die Wirtschaftsverbände sind sauer.

Presseverlage in Deutschland, Online-Dienste sowie medial grenzüberschreitende Großveranstaltungen müssen künftig auf die Verbreitung von Markenwerbung für Tabakprodukte verzichten. Der Bundestag beschloss heute (Donnerstag) mit großer Mehrheit die Umsetzung einer entsprechenden Richtlinie der Europäischen Union in deutsches Recht. Mit dieser Entscheidung steht das deutsche Parlament im Gegensatz zur Position des Bundesrats. Die Länderkammer hatte der Brüsseler Vorgabe wegen Kompetenzüberschreitung der EU widersprochen. Danach stehen Rechtsakte in Gesundheitsfragen ausschließlich den Mitgliedsländern zu.

Werbewirtschaft: „Stumpfe Waffe“

Der Zentralverband der Werbewirtschaft (ZAW) hat die EU-Richtlinie erneut scharf kritisiert. „Das Werbeverbot ist eine stumpfe Waffe. Durch die Zensur des Markenwettbewerbs wird auch nicht eine Zigarette weniger geraucht. Deshalb ist Brüssels Werbebann gesundheitspolitisch irreführend“, so ein Sprecher des Verbandes in Berlin.

Ebenso verletze die EU erheblich Grundrechte. Die Meinungs- und Informationsfreiheit werde von der Verfassung auch den Herstellern, dem Handel und den Medien garantiert. Wer diese Rechte beschneide, müsse stichhaltige Gründe vorweisen. Die EU aber habe sich gegen die europäischen Verträge Zuständigkeit erschlichen und unverhältnismäßig in das Marktgeschehen eingegriffen. Die Anbieter seien auf funktionierenden Wettbewerb angewiesen – ein Prozent Marktanteil bedeuten für einen Zigarettenanbieter rund 200 Millionen Euro Umsatz.

Verleger: „Werbefreiheit eingeschränkt“

Ebenfalls mit Unverständnis haben die Zeitungsverleger reagiert. Mit dem Tabakwerbeverbot werde die Werbefreiheit eingeschränkt, so der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV).

Es sei nie Intention der Zeitungsverleger gewesen, wirtschaftlichen Interessen einzelner Branchen wie hier der Tabak- und Zigarettenindustrie Vorschub zu leisten, bekräftigte der BDZV. Hier gehe es vielmehr um ein grundsätzliches Gut: Werbefreiheit sei Bestandteil der im Grundgesetz verankerten Meinungs- und Pressefreiheit. Mit Werbeverboten erlasse der Gesetzgeber jedoch schlicht Denkverbote und behandle die Deutschen damit als ein Volk unmündiger Verbraucher. Im Übrigen sei es überhaupt nicht nachvollziehbar, dass legal hergestellte und verkaufte Produkte in Zukunft nicht mehr legal beworben werden dürften.

Die Dachorganisationen bedauern einmütig, dass die Bundesregierung die Umsetzung der EU-Richtlinie betrieben habe, ohne das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in dem von Deutschland angestrengten Verfahren gegen das Tabakwerbeverbot abzuwarten. Erst danach stehe fest, ob die Brüsseler Richtlinie überhaupt rechtmäßig sei. Das Luxemburger Gericht werde sich voraussichtlich auch zu den „schwammigen EU-Vorschriften“ in Bezug auf den Anwendungsbereich äußern und beispielsweise Klarheit darüber schaffen, ob die lediglich lokal verbreiteten Stadtmagazine von dem Werbeverbot betroffen sind.

Schon heute, warnte der BDZV weiter, werde auf EU-Ebene über vergleichbare Werbeverbote für Autos, Kinderspielzeug, Süßigkeiten, frei verkäufliche Medikamente und alkoholische Getränke nachgedacht, die dann in nationales Recht umgesetzt werden müssten – „mit allen absehbaren wirtschaftlichen Folgen für die Medien in Deutschland“.

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