Der britische Gesetzgeber hat im Vorfeld der Londoner Spiele im Jahre 2006 den „London Olympic Games and Paralympic Games Act“ verabschiedet, der den „Olympic Symbol Protection Act“ von 1997 ergänzt und strikte Schutzrechte für die Sponsoren der Olympischen Spiele erwirkt. Hiernach dürfen Athleten beispielsweise keine Fotos von sich mit Logos von nicht-sponsernden Unternehmen ins Netz stellen. Auch Aufnahmen aus dem olympischen Dorf sind verboten. Die Veranstaltungsgelände werden, wie auch schon vor vier Jahren in Peking (dasauge berichtete), von einer Art Markenpolizei kontrolliert, die alle Logos von Firmen, die nicht für eine Olympia-Präsenz bezahlt haben, überdecken. Bei strenger Auslegung der Gesetze könnten sogar Privatpersonen, die ihre Fotos im Netz veröffentlichen, Probleme bekommen, wie mashable.com berichtet.
„Die Sponsoren zahlen viel Geld und wollen dafür vollkommene Bühnenexklusivität. Das ist legitim. Dass auch unthematische Marken, möglicherweise von Mobil-Toiletten-Hersteller Dixi, abgeklebt werden sollen, ist eine Übertreibung. Für die Marken ist die strenge Gesetzgebung ein Erfolg. Im Nachhinein könnte sich das aber als Phyrrussieg erweisen“, sagt Markenexperte Thomas Otte. Dass Zuschauer mitkriminalisiert werden, schieße deutlich über das Ziel hinaus. „Exzessive Machtausübung schafft immer Raum für Gegenbewegungen. Die britische Regierung trägt eine klare Mitverantwortung“, so der Fachmann.
Regelung für Geschäfte
Auch wer den Besucherandrang bei den Spielen wirtschaftlich nutzen will, muss sich an strenge Regeln halten. Die Inhaber von Geschäften dürfen beispielsweise nicht mit offiziellen Wortkombinationen wie „2012 Games“ werben. Grund für die strikten Gesetze ist die Angst der Marken vor einer Verwässerung ihrer Exklusivrechte. Vor allem das mögliche Auftauchen einer nicht berechtigten Marke auf Fotos von den Spielen scheint den Sponsoren Angst zu machen.
„Das Vorgehen der Sponsoren ist zwar legal, aber nicht legitim. Es ist ein erschreckender Beweis für die Macht der Marken, dass sogar der Gesetzgeber das Knie beugt. Die Wahrung kommerzieller Interessen ist verständlich, das beinahe militärische Bedürfnis keine anderen Flaggen im eigenen Reich zu dulden, geht aber zu weit“, so Otte.
Wortgetreue Umsetzung unwahrscheinlich
Dass tatsächlich Menschen angeheuert werden, die soziale Medien nach Fotos von den Spielen in London durchforsten, ist unwahrscheinlich. Ein britischer Rechtsexperte hält es aber nicht für ausgeschlossen. „Bei strenger Auslegung der Gesetze ist es durchaus vorstellbar, dass das Internationale Olympische Komitee durchsetzen könnte, dass das Posten von Bildern bei Facebook unmöglich wird“, sagt Anwalt Paul Jordan gegenüber dem Guardian.
Der Experte fügt hinzu, dass es eigentlich vor allem um die Verhinderung einer kommerziellen Nutzung von Bildern von den Spielen geht und dass das Veröffentlichungsverbot eine bizarre Nebenerscheinung davon ist. Trotzdem bleiben die Regelungen, selbst für ein Sport-Großereignis, sehr streng. „Starke Marken haben die Macht, das Denken, Handeln und Fühlen der Menschen zu versklaven. In den meisten Fällen geschieht das sogar freiwillig“, erklährt Otte.