Wahlplakate der Parteien stoßen auch vor der Bundestagswahl 2009 auf wenig Begeisterung bei den Wählern. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von Kommunikationswissenschaftlern der Universität Hohenheim. Am ehesten punktet noch die emotionale Kampagne der SPD, bei den individuellen Kadidaten liegt die CDU vorne. Plakate der Grünen haben den höchsten Wiedererkennungswert, die der FDP den geringsten. Die schlechtesten Noten vergaben die Testpersonen an die Linkspartei. Unterstützt wurde die Studie wurde von der Fritz-Thyssen-Stiftung.
Plakate stehen schlecht in der Gunst der Wähler
Fast 90 Prozent der Befragten beurteilen diese als “überflüssig und inhaltsleer“. Dennoch räumt fast jeder dritte Befragte ein, durch Wahlwerbung schon einmal stark oder sehr stark in seiner Wahlentscheidung beeinflusst worden zu sein. „Wie die Plakate allgemein beim Wähler ankommen und welche Wirkung sie beim Wähler erzielen können – das sind zwei verschiedene paar Schuhe“, erklärt Stephanie Geise, die Wahlplakate untersucht.
„Werbung stößt heutzutage allgemein auf wenig Gegenliebe, das schlägt sich auch auf die Wahlwerbung nieder“. Doch wäre es fatal, zu vermuten, Wahlwerbung hätte eine zu vernachlässigende Wirkung: „Wir wissen aus unseren Untersuchungen, dass Wahlwerbung Lerneffekte auslösen, Themen setzen und Bewertungsmaßstäbe verändern kann – alles in allem ein beachtliches Wirkungspotenzial.“
Für ihre Studie befragten die beiden Kommunikationswissenschaftler Stephanie Geise und Wolfgang Wichmann am Lehrstuhl von Prof. Dr. Frank Brettschneider des Fachbereichs Kommunikationswissenschaft der Universität Hohenheim 50 Personen, die nach Alter, Bildung, Parteiidentifikation und Geschlecht augewählt wurde. Die Befragung fand in zwei Erhebungsphasen statt.
Beliebteste Plakate: Politiker und emotionale Szenen
Befragt nach dem beliebtesten Wahlplakat zu Beginn der heißen Wahlkampfphase gab es unter den 40 vorgelegten Plakaten der im Bundestag vertretenen Parteien vor allem drei Gewinner: Die emotionalen Themenplakate der SPD mit den „Menschen von nebenan“, die sympathisch und offen wirkenden Kandidatenplakate der Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) und des „charming“ Wirtschaftsministers Karl Theodor zu Guttenberg (CSU).
Die Rangfolge der getesteten „Top 5“ der ersten Dekade, bewertet nach Schulnoten: SPD „Bildung darf nicht vom Konto der Eltern abhängen“ (Schulnote 2,38), SPD „Gesundheit darf kein Luxusprodukt werden“ (Schulnote 2,56), CSU Karl Theodor zu Guttenberg (Schulnote 2,77), CDU Ursula von der Leyen (Schulnote 2,88), SPD „Atomkraft war gestern. Saubere Energie ist die Zukunft“ (Schulnote 2,92).
Linke: Text-Plakate fallen durch
Die mit Abstand am schlechtesten bewerteten Plakate werben allesamt für die Linkspartei: Bewertet im Schulnotensystem waren alle Plakate mit den Portraits der Linkspartei-Politiker Oskar Lafontaine und Gregor Gysi gerade noch ausreichend.
Leicht besser schnitten dabei noch Plakate mit kurzen, populistischen Slogans ab. Am schlechtesten wurden im Test die Linkspartei-Plakate mit langen Texten bewertet: Lafontaine kurz (4,15), Gysi kurz (4,23), Lafontaine lang (4,25), Gysi lang (4,44).
Grüne: Plakate am besten wiedererkannt
Neben der Akzeptanz als „subjektives Gefallen eines Werbemittels“ wurde auch getestet, wie es den Werbemedien gelingt, ihre inhaltlichen Botschaften an den Wähler zu transportieren. Hierbei stammen die Slogans mit der höchsten Wiedererkennung von Bündnis 90/Die Grünen. Headlines wie „Schwarz-Gelb, Nein danke!“ oder „Bio Baby!“ können von über 90 Prozent der befragten Wähler wiedererkannt und der „richtigen“ Partei zugeordnet werden. „Dies ist wenig überraschend: Gerade diese Themen stehen geradezu idealtypisch für die Identität der Parteien“ erklärt Wichmann. Hier zeige sich das Ergebnis eines scharfen kommunikativen Profils.
Phrasen bei der FDP
Am schlechtesten im Gedächnis blieben die Plakate und Inhalte der FDP, die sich lediglich durch ein Wort im abgedruckten Text voneinander unterschieden. Allgemeingültig erscheinende Phrasen wie „Leistung wählen“ oder „Freiheit wählen“ scheinen auf den zunehmenden Profilverlust der Parteien zu verweisen – und können von den Wählern entsprechend schlecht eingeordnet werden. „An dieser Stelle hat die Partei ein kommunikatives Problem: Sie versäumt nicht nur, ihre Themen pointiert an den Wähler zu übermitteln, sondern wirbt auch noch indirekt für den politischen Gegner“ gibt Geise zu bedenken.
Vorsicht – Verwechslungsgefahr!
Probleme gab es auch bei einem der beliebtesten Plakate: Kaum einer konnte den SPD-Slogan „Atomkraft war gestern. Saubere Energie ist die Zukunft“ den Sozialdemokraten zuordnen. „Es ist kommunikationsstrategisch einfach nicht klug, im Wahlkampf Themen zu bedienen, die schon klar von einer anderen Partei besetzt sind“, resümieren die Experten.
Hier kann man vom politischen Gegner noch lernen: Besonders erfolgreich wurden Slogans der Linkspartei wiedererkennt und zugeordnet – vor allem deshalb, weil sie sich bereits durch ihre Wortwahl von den anderen Parteien deutlich abgrenzen. „Klarheit, Konsistenz, Kontrast – wer diese drei einfachen Kommunikationsregeln nicht beachtet, überlässt das Feld allzu leicht dem politischen Gegner“, fasst Geise zusammen.