Eine mögliche Abschaffung oder grundlegende Umgestaltung der Künstlersozialversicherung sorgt für Unruhe. Wie der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, erfahren haben will, haben die Länder Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein im Bundesrat eine Empfehlung durchgesetzt, nach der die Künstlersozialversicherung „abgeschafft oder zumindest unternehmerfreundlich reformiert“ werden soll. Dieser Angriff auf die Künstlersozialkasse verberge sich in einer Drucksache, die sich mit dem „Abbau bürokratischer Hemmnisse“ für den Mittelstand befasst. Eine Abstimmung in der Sache solle am 19. September stattfinden.
Missverständnisse
Tatsächlich hat die Bremer Senatspressestelle inzwischen eingeräumt, dass durch ein „bedauerliches Missverständnis auf Arbeitsebene“ in einem Gremium zum Thema Bürokratieabbau auch über die Abschaffung der Künstlersozialversicherung abgestimmt worden sei. Laut Bremens Bürgermeister Böhrnsen stehe Bremen allerdings zur Künstlersozialkasse. „Die Künstlersozialversicherung sichert vielen Künstlerinnen und Künstlern eine angemessene Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung“, so Böhrnsen. Diese Errungenschaft dürfe im Sinne der Künstler nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Zudem sei die Künstlersozialversicherung erst vor gut einem Jahr durch den Deutschen Bundestag erfolgreich reformiert worden.
Auch der Kieler Regierungssprecher Christian Hauck hat eine Rolle Schleswig-Holsteins als Mit-Initiator als „Ente“ bestritten – entsprechende Meldungen des Kulturrates seien „in diesem Punkt schlicht falsch“. Entgegen einer Darstellung der dpa, die heute die Tagespresse dominiert, aber das Zitat aus dem Zusammenhang reißt, bezieht sich dieses Dementi allerdings nicht auf eine erfolgte Abstimmung. Entsprechend reden beide aneinander vorbei, wenn der Geschäftsführer des Kulturrates, Olaf Zimmermann, hierauf kontert, ihm lägen „absolut zuverlässige Quellen“ über das Abstimmungsverhalten der einzelnen Länder in den Ausschüssen vor.
Protest
Gegen eine mögliche Abschaffung der Künstlersozialversicherung protestierten die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und der Deutsche Musikrat. „Die Existenz vieler Künstler und Musiker würde ernsthaft gefährdet, wenn die Künstlersozialversicherung tatsächlich wegfallen würde“, so Christian Höppner, Generalsekretär des Deutschen Musikrates. Von den Designverbänden liegen hingegen noch keine Stellungnahmen vor. Der Bund Deutscher Grafikdesigner (BDG) hat allerdings die Pressemeldung des Deutschen Kulturrates auf seine Homepage übernommen.
Die KSV
Die Künstlersozialversicherung (KSV) ist Teil der gesetzlichen Sozialversicherung. Der Finanzbedarf wird zur Hälfte aus Beiträgen der Versicherten aufgebracht. Die andere Beitragshälfte tragen Unternehmen als „Verwerter“ von künstlerischen Leistungen in Form einer pauschal umgelegten „Künstlersozialabgabe“; ferner gibt es einen Zuschuss des Bundes. Die Kasse versichert momentan rund 160.000 Menschen. Ausführliche Informationen über die Künstlersozialkasse hat die Allianz Deutscher Designer (AGD) auf einer „Extra“-Seite zusammengetragen.